Was wird aus der Grundsteuer? (aktualisiert)
Nun ist es amtlich: Die Grundsteuer in ihrer gegenwärtigen Form verfassungswidrig. Das hat – nicht überraschend – in seiner Entscheidung am 10.4.2018 verkündet. Das bedeutet: Rasches Handeln ist erforderlich, denn bis Ende 2019 muss ein neues Grundsteuergesetz beschlossen und verkündet sein. Dass dieser Termin verstreicht, die Grundsteuer dann also komplett wegfiele (wie seinerzeit die Vermögensteuer!) wäre ein Super-GAU für die Städte und Gemeinden, die mit dieser Steuer immerhin 14 Mrd. Euro einnehmen. Der viel wichtigere Termin aber ist die relativ knappe Übergangsfrist nach der neuen Gesetzgebung. Dann bleiben gerade einmal 4 Jahre Zeit, um das neue Gesetz anzuwenden. Das sollte alle im Kopf behalten, wenn sie über Bemessungsgrundlage und Ausgestaltung der Grundsteuer (wie seit über 20 Jahren) debattieren. Es muss ein praktikables Verfahren geben, denn sonst ist eine Steuerfestsetzung für 35 Millionen Grundstücke reine Illusion. Ob es dann noch außerdem die von der Koalition ins Spiel gebrachte Grundsteuer C geben wird, ist angesichts des Zeitdrucks ziemlich fraglich.
Einen Vorschlag für eine flächenbezogene Grundsteuer - mit sehr überzeugenden Argumenten und mit Berechnungen für mögliche Auswirkungen - hat inzwischen das ifo-Institut München vorgelegt (Link s.u.). Eine wertabhängige Lösung favorisiert das Bundesfinanzministerium (Stellungnahme s.u.). Nun hat ein Kämmerer sogar die Abschaffung der Steuer vorgeschlagen (Stellungnahme s.u.).
Dass der Vorschlag des BMF auf wenig Gegenliebe stossen würde, war eigentlich abzusehen. Denn er ist vor allem eines: kompliziert. Das bedeutet, dass der Zeitraum für eine Reform immer enger wird. Ein Link auf einen Artikel aus dem SPIEGEL ist beigefügt. Nun wurde ein neues Modell vorgestellt, das nach wie vor wertabhängig und damit mit manchen Komplikationen behaftet ist.
Kaum ein Tag vergeht ohne neue Meldungen zur Reform der Grundsteuer. Doch statt Informationen zu den Details einer künftigen Steuer wird derzeit vor allem versucht der Reform durch wohlklingende Attribute einen freundlichen Anstrich zu geben.
Im März wird der Durchbruch verkündet - fast. Denn Bayern trägt den Vorschlag des Bundes und der anderen 15 Länder nicht mit. Auch andere Länder sehen noch Gesprächsbedarf und der Bundesfinanzminister selbst geht davon aus, dass das Gesetzesvorhaben in den Beratungen noch weitere Änderungen erfahren wird. Gleichzeitig tickt die Uhr ...
Inzwischen wird über Öffnungsklauseln für die Länder spekuliert. Hierzu sowie zu den Gefahren, wenn weitere Zeit verstreicht, hat sich Gerd Landsberg im Deutschlandfunk geäußert. Nun wird ernsthaft über eine Länderöffnungsklausel debattiert. Eine Expertenanhörung zu diesem Thema ist offensichtlich erfolglos geblieben, nun bringt auch noch der Deutsche Landkreistag eine weitere Variante ins Spiel.
Selten beachtet werden die Auswirkungen einer Reform auf den kommunalen und den Länder-Finanzausgleich.
Die Grundsteuer C, die kurzzeitig in der wohnungspolitischen Debatte eine Rolle spielte, schien schon fast vergessen, doch Totgesagte leben länger ...Denn:
Ergänzend zum Referentenentwurf des BMF zur Grundsteuerreform gibt es einen weiteren Entwurf zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken https://www.wts.com/wts.de/publications/wts-tax-weekly/anhange/2019/2019_14_2_anderung-des-grundsteuergesetzes-zur-mobilisierung-von-baureifen-grundstucken.pdf) Durch eine Ergänzung von § 25 GrStG (neuer Absatz 5) werden die Gemeinden ermächtigt, bei angespanntem Wohnungsmarkt für baureife Grundstücke eine erhöhte Grundsteuer festzusetzen.
Jetzt hat der Bund der Steuerzahler einige Berechnungen zu den Auswirkungen des vorliegenden Gesetzentwurfs nach verschiedenen Grundstückstypen und Gemeinden vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Anstieg der Grundsteuerbelastung bei heutigen Hebesätzen. Soll dies vermieden werden, wären drastische Hebesatzsenkungen erforderlich.
Kurz vor der Sommerpause wird nun der Durchbruch verkündet: Die CSU hat sich mit ihrer Forderung nach einer Öffnungsklausel durchgesetzt. Im Umlaufverfahren (!) wurden die Grundsteuerrefom, die Grundsteuer C und die Öffnungsklausel im Grundgesetz vom Kabinett verabschiedet.
Es hat nur wenige Tage gedauert, bis sich die Oppositionsparteien mit ihren Bedingungen zur Zustimmung zur Verfassungsänderung gemeldet haben. Dadurch könnte das Verfahren noch komplizierter werden.Viel wird über die Nutzung der Öffnungsklausel durch die Länder diskutiert. Nicht nur Bayern wird ein eigenes Grundsteuerrecht auf den Weg bringen. Aber was umfasst eigentlich die Öffnungsklausel?
Seit kurzem sind die Kandidaten für den SPD-Vorsitz auf Bewerbungstour. Dabei ist auffallend häufig die Forderung nach Wiedereinführung einer Vermögensteuer zu hören. Hätte das Folgen für die Grundsteuer?
In den letzten Tagen ist Bewegung in die Reformdebatte gekommen; in der vergangenen Woche gab es zwei Anhörungen, zum einen zur Grundgesetzänderung, zum anderen zum neuen Bewertungsmodell. Der Bundesfinanzminister strebt eine Verabschiedung der Gesetze am 18. Oktober an. Strittig ist allerdings noch immer das Bewertungsverfahren - zudem werden Korrekturen am bisherigen Länderfinanzausgleich für notwendig gehalten. Zu den Anhörungen s. ausführlich https://www.haufe.de/thema/grundsteuerreform/ . Ein weiteres Problem ist die rechtzeitige Fertigstellung des Immobilienerfassungsverfahrens "Languste", das für eine neue Grundsteuer als Basis notwendig ist s. dazu https://www.welt.de/finanzen/immobilien/article199660856/Grundsteuer-Neue-Datenbank-Languste-verzoegert-sich-auf-Laenderebene.html Mit einem Schreiben an den Ministerpräsidenten haben sich jetzt 6 Oberbürgermeister aus Baden-Württemberg für ein Bodenwertmodell eingesetzt. Das könnte ein Mittelweg zwischen Bayern und dem Bund sein.
Die Grundsteuer C spielt derzeit in den Beratungen - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle. Dabei gibt es zahlreiche offene Fragen.-
Können die Städte und Gemeinden jetzt aufatmen? Vorerst wohl ja, denn mit der Verabschiedung im Bundestag und am 8.11. im Bundesrat ist die Grundsteuer in ihrem Bestand gesichert. Jetzt kommt es darauf an, was die Länder aus der Öffnungsklausel machen. Erst dann kann die eigentliche Bewertung beginnen. Eine ganz eigene Diskussion gab es um die (Teil-)Befreiung denkmalgeschützter Objekte von der Grundsteuer, die erst in letzter Minute beendet werden konnte.
Es beginnt jetzt die Diskussion innerhalb der Länder, ob und wenn ja wie von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll. Stefan Ronnecker vom Deutschen Städtetag hat sich - obgleich er ihm aus Zeitgründen kaum eine Chance gibt - mit einem Kompromissvorschlag aus Niedersachsen vom August 2019 befasst. Als erstes Land hat sich Baden-Württemberg aus der Deckung gewagt und befasst sich auf der Basis des Bodenwertmodells mit einer landespezifischen Lösung.
Inzwischen hat das Land einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt; auch in Sachsen gibt es einen Entwurf für ein landesspezifisches Gesetz. Ansonsten gibt es Absichtserklärungen, welche Länder dem Bund folgen wollen bzw. welche Optionslösungen diskutiert werden.
Ein Jahr nach Verabschiedung der Grundsteuerreform ist es Zeit Bilanz zu ziehen, wie die Umsetzung in den einzelnen Ländern aussieht. Das Bild ist noch keineswegs klar, aber derzeit noch recht verwirrend.
Inzwischen sind alle Grundsteuergesetze unter Dach und Fach. Am 1. Juli 2022 hat die Frist zur Abgabe der Steuererklärung begonnen. Knapp 2 Jahre hat sich die Finanzverwaltung Zeit gesetzt, um die Veranlgung vornehmen zu können. In den Ländern mit "einfachen" Berechnungsmodalitäten dürfte das kein Problem sein. Anders könnte es in den Ländern aussehen, die das Bundesmodell gewählt haben. Für die Gemeinden ist der Zeitplan ohnehin sehr eng; denn es ist vorgesehen, dass die Veranlagung bis zum 30.6.2024 abgeschlossen sein soll. Für die Umsetzung bleibt den Gemeinden nur wenig Zeit. Daher hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund gefordert, die Bewertungen müssten für die Gemeinden bereits Ende 2023 abrufbar sein (Der Neue Kämmerer 2/2022, S.14).
Das gilt vor allem, weil die Gemeinden gehalten sind für 2025 aufkommensneutrale Hebesätze festzusetzen. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Problem. Der Entwurf für einen neuen Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz lässt eine Welle von Hebesatzeröhungen vor dem 1.1.2025 befürchten.
Aktuell besteht die Sorge, dass die Frist (31.10.22) für die Abgabe der Steuererklärungen zu kurz ist. Das liegt nicht nur daran, dass viele Eigentümer erst gegen Ende der Frist aktiv werden; auch der hohe Aufwand, insbesondere beim Bundesmodell lässt Viele ihren ersten Versuch abbrechen. Nun hat der Bundesfinanzminister angedeutet, dass die Abgabefrist verlängert werden könnte. Das ist inzwischen geschehen; die Frist endet jetzt am 31.1.2023. Aber wird das helfen; ein neuer Beitrag befasst sich mit Konsequenzen und Zeitablauf. Der 31.1.2023 ist vorbei - Bayern hat eine Fristverlängerung um weitere 3 Monate beschlossen. Nun ist im Februar 2023 bekannt geworden, dass der Staat selbst mehr als säumig mit seinen eigenen Grundstücken ist.
Inzwischen sind viele Grundsteuerbescheide versandt. Nun ergibt sich die Möglichkeit, das eigene Grundstück mit anderen Landesregelungen fiktiv zu vergleichen. Für das hier gewählte Grundstück ist der Unterschied zu Bayern besonders verblüffend.
Mehrere Gerichtsverfahren sind anhängig; der BFH hat angekündigt noch vor der Sommerpause ein Urteil zu fällen. Der Beschluss ist inzwischen verkündet und bestätigt das Urteil der Vorinstanz. Dieses hatte moniert, dass den Steuerpflichtigen keine Möglichkeit gegeben werde, per Nachweis eine niedrigere zu verlangen. Darauf haben die obersten Finanzbehörden jener Länder eine flexiblere Handhabung bei der Bewertung zugelassen.
Berlin hat inzwischen die sächsische und saarländische Differenzierung der Messzahlen nach Wohn- und Gewerbegrundstücken übernommen. Gespaltene Hebesätze können künftig in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt von den Gemeinden selbst festgelegt werden.
Sachsen hat als erstes Land ein Transparenzregister für die aufkommensneutralen Hebesätze veröffentlicht. Das allerdings ist so unscharf, dass es weder den Kommunalvertretungen noch der Öffentlichkeit nützt. Umgekehrt hat Hessen eine Liste der empfohlenen Hebesätze (bis zur zweiten Nachkommastelle) veröffentlicht. Ein präzises Register gibt es in Nordrhein-Westfalen und nun auch in Rheinland-Pfalz. Spätestens im Jahr 2026 stellt sich die Frage, wie sich der eigene Hebesatz zum fiktiven Hebesatz im Finanzausgleich verhält. Da letzterer für den Zeitraum zumeist nicht feststeht, wären Gemeinden, die nach dem Transparenzregister ihren Hebesatz absenken solleten, gut beraten den alten Hebesatz vorerst beizubehalten.
Zumindest in Rheinland-Pfalz sind die Nivellierungssätze im Finanzausgleich (465 v.H. für die Grundsteuer B) maßgeblich für die Vergabe von Zuwendungen durch das Land ("Ausschöpfung der eigenen Einnahmequellen"). Gemeinden, die den Hebesatz eigentlich niedriger als 465 vh.H. festsetzen müssten, um Aufkommensneutralität zu erreichen, würden dadurch keine oder weniger Fördermittel bekommen.
April/September/November/Dezember 2018/Januar/Februar/März/April/Mai/Juni/Juli/September/Oktober/Dezember 2019/Februar 2020/August 2020/Dezember 2020/Juni 2022/August 2022/November 2022/Januar 2023/Februar 2023/Juli 2023/August 2023/März 2024/Juni 2024/August 2024/November 2024/April 2025
Zum ifo-Vorschlag
Zum Vorschlag des BMF
Zum Vorschlag die Steuer abzuschaffen
Zur Reaktion auf den Vorschlag des BMF
Das nächste Modell
Die wohlklingenden Attribute
Der sogenannte "Durchbruch"
Landsberg im DLF
Jeder wie er möchte? - Babylonische Sprachverwirrung
Zum Ergebnis der Expertenanhörung am 10.5.2019 - Bericht der Rheinischen Post
Die Grundsteuer und der Finanzausgleich
Probeberechnungen des Bundes der Steuerzahler
Der Grundsteuerkompromiss vom Juni 2019
Opposition am Hebel - Länder in Erklärungsnot
Grundsteuerreform - was öffnet sich da eigentlich?
Im Wirtschaftsdienst 8/2019 haben Johanna Hey und Horst Zimmermann einige Gedanken zur Öffnungsklausel zusammengetragen
Was bedeutet die Wiedereinführung einer Vermögensteuer für die Grundsteuer?
Zum Schreiben der sechs Oberbürgermeister an Ministerpräsident Kretschmann
Die Grundsteuer C - das unbekannte Wesen
Ende gut - alles gut?
Die Grundsteuer und das Denkmal
Grundsteuer - das Niedersachsen-Modell
Grundsteuer - wann wagen sich die Länder aus der Deckung?
Grundsteuer - es bewegt sich was
Grundsteuer - nach einem Jahr
Die Grundsteuer und der Länderfinanzausgleich - ein verschobenes Problem?
Was ist eigentlich aufkommensneutral?
Der fiktive Hebesatz - unterschätzter Stellhebel der Finanzpolitik
Zur möglichen Fristverlängerung für die Abgabe der Erklärungen
Erklärung bis Ende Januar 2023
Was kommt nach dem 31. Januar?
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